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Sonntag, 16. Juni 2013

The Binding of Isaac


The Binding of Isaac
The Binding of Isaac: Wrath of the Lamb
2011 - PC
Entwickler: Edmund McMillen, Florian Himsl
Publisher: Valve

Sicherlich verspätet, aber es hat mich erwischt. Ich bin süchtig. Ich schaue auf die Uhr und merke, dass ich wieder seit mehreren Stunden nichts gemacht habe, als durch dunkle (Bauch)Höhlen zu rennen und allerlei Gesindel wie Würmer, Spinnen, Zombies und gar Satan höchstpersönlich zu schlachten. Und mich von ihnen schlachten zu lassen. Zum Vergleich: Mass Effect 2 habe ich letztes Jahr so intensiv gespielt wie nur möglich, jeden einzelnen Planeten ausgesagt wie ein Vampir seine Jungfrauen, jede Quest erledigt, jeden Gegner erschossen. 42 Spielstunden insgesamt. The Binding of Isaac habe ich vor wenigen Wochen entdeckt und seitdem permanent zwischen Uni, Freundin und wieder Uni eingeschoben. Oder auch stattdessen. Meine bessere Hälfte sagt gerade ich soll schreiben, es seie das beste Spiel, wenn man eine Beziehung zerstören möchte. Besorgnisserregende 71 Stunden so weit, davon 59 in den letzten zwei Wochen. Ich will nicht daran denken, wie viele Meisterwerke der Literatur und des Films ich in dieser Zeit hätte lesen und schauen können. Mein riesiger Stapel an ungeschauten DVDs und Blu-Rays wäre wohl zur Hälfte entschlankt worden, hätte ich nicht dieses Spiel gespielt. The Binding of Dimi. Ein schwarzes Loch.


Faszinierend, wie ein Spiel, was man immer und immer wieder von vorne starten muss, für so viel Langzeitmotivation sorgen kann. Natürlich verändert es sich, besser: erweitert sich mit fortwährenden Erfolgen des Spielers selbst, neue Waffen, neue Gegenstände, neue Fähigkeiten, neue Spielfiguren. Zum Teil eher Fluch als Segen. Natürlich sind Bombengeschosse eine feine Sache. Weniger fein, wenn man in eine Ecke gedrängt wird oder die Gegner einem einfach nicht von den Fersen weichen, dann jagt man sich schnell selbst in die Luft. Natürlich sind neue Figuren toll. Besonders wenn sie mit weniger Lebensenergie starten, langsamer oder schwächer sind. Jede Errungenschaft ist eine neue Herausforderung, jedes Mal, wenn man eine Hürde bewältigt, bekommt man eine neue geschenkt. Je öfter man gewinnt, desto stärker die Gegner. High risk - high reward.

Letzten Endes wird nicht die Spielfigur stärker oder klüger. Nicht sie erhält neue Rüstungen - der Spieler tut es. Mit jedem Tod wird die eigene Haut dicker, mit jedem Ableben kurz vorm Besiegen des (niemals) letzten Gegners bekommt man einen Bonus auf Kampfgeist, erreicht einen neuen Level in Motivation, drückt REPLAY und stürzt sich wieder in die Schlacht, schneller, gewitzter, abgebrühter. Opfert seine letzten Herzen für Laserstrahlen, verkauft seine Seele für den letzten Funken Schaden, irgendwann lernt man, den Händen und Füßen der eigenen Mutter auszuweichen, irgendwann fliegt man durch die Levels, als manifestierter Tod, entstanden aus zu vielen Toden (die Anzahl kann man nachlesen), gestärkt durch das Verbluten, ruchlos durch das Scheitern. Irgendwann ist man ein geflügeltes Überwesen und dann enttäuscht, dass das Spiel schon zu Ende. Aber man kann es ja noch einmal anfangen. From zero to hero. Im Kampf gegen die eigene Mutter, ihr Herz, Satan, irgendwann sich selbst. Vor allem im Kampf gegen seine eigene Zeit. Die könnte man gewiss sinnvoller nutzen. Und ich schwöre mir jedes Mal, dass es das letzte Mal für dieses Wochenede war. Für diesen Tag. Für die nächsten paar Stunden. Aber ich könnte ja wieder und ich tu es auch. Vielleicht, weil nichts so spannend wie die Unvorhersehbarkeit ist. Und weniges so befriedigend, wie das minutenlange perfekte Ausweichen, das mit einem Blutschwall endet. Ist das noch Kultur oder schon eine Droge. Auf jeden Fall ist es eine Meisterleistung, die einfach nicht enden will.

9


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